wintermütter 2009

1. Dezember 2009

liebe mba,

frisch umgezogen setze ich mich an mein elektronisches schreibgerät, jetzt ist aber wirklich höchste zeit, diese blödsinnig selbstauferlegte genauigkeitspflicht, am 1. dezember punct 12.00 (in teilen des ungeteilten deutschlands sagen sie, wenn sie genau – also punkt – zwölf meinen, um zwölf, das bedeutet aber nicht dasselbe wie um zwölf in österreich, ganzundgarnicht, weil bei uns – undalso richtig – meint man damit ja so umara zwöfi, diese berühmte österreichische unschärfe, die, wenn man die zwischentöne zu deuten und zu gestalten in der lage ist, erstaunlich genau sein kann, sondern um zwölf – eigentlich um um zwölf, man könnte sogar schreiben um umzwölf – bedeutet exakt um zwölf, also punkt zwölf; hätten wir das), meinen quartalsbrief pünktlich und zur vereinbarten zeit auf die p.t. interessierte individualöffentlichkeit loszulassen.

danke fürs bishierherlesen, danke vielmals vielen dank (wie sich frau knapp im jelinek jedesmal in circa drei bis fünf cernringförmigen schleifen zu bedanken pflegte, wenn man gezahlt hatte; dafür war er, ein zuckerbäcker von gnaden – sein apfelstreuselkuchen, ich sags ihnen! – ein durchunddurch roher mensch, wie man es fleischhauern – völlig zu unrecht – nachsagt).

bis es aber soweit sein kann, ich den publishknopf (der ein virtueller ist) um zwölf (oha!) fest an mich drücken kann (mittlerweile: konnte), zieht sich das ganzschön. manchmal ist das weniger, manchmal mehr (diesmal: mehr), es zieht so um mich herum, bis ich mich endlich niedersetzen kann (mittlerweile: konnte) zum schreiben, mit meinem laptop in meiner neuen laptopwohnung, so klein ist sie, und sie hat eher die funktion einer brücke, von der aus ich mit erhöhter physischer wie – hoffentlich auch – geistiger mobilität in die welt ziehen will, passen sie auf, auf einmal bin ich bei ihnen in der nähe und dann gleich wieder ganzwoanders.

umziehen, was ist denn das? frisch umgezogen mit meiner zerschlissenen dahamhosn (beim umziehen bin ich wo hängengeblieben) und selbstverständlich (man ist das immer!) frisch geschneizdundkampid (frisch gekämmt bin ich aber meistens, auf kahlem schädel ist das wahrlich keine erwähenswerte leistung, muss ich zugeben) sitze ich also in meiner arbeitsküche, am abend werden die boxen zum trocknen aufgehängt, damit der schall auch halliger räume (mit nichttrockener akustik) von oben komme und somit der boden etwas mehr luft hat, mein blick fiele, hätte ich einen rückspiegel am bildschirm montiert (gute idee!) auf das portal des atrium, das war früher die hechtendiele, wenngleich der fisch unter der krönung marias (knieend, mit einladend vertikalem faltenwurf auf der dreieckigen braunkohlenhausbrandwolke, links jesus und rechts der alte gottvater dürfen, die krone über ihr haupt haltend, sitzen, darüber ein heiliggeistliches vögelchen unbestimmter art, völlig erleuchtet auf seiner jubelträchtigen position, als wärs gekitzelt worden – ließen sich vögelchen eigentlich kitzeln? wie lachten sie, ausgenommen lachmöwen, muettes, wie man in rennes sagen würde?), jener fisch sieht aber eher nicht wie ein hecht aus, vielmehr ist diese darstellung ein hinweis, dass man einst schon im – wohl manchmal arg flutenumtosten, so doch – binnenstädtchen steyr von der fortdauernden existenz des quastenflossers gewusst haben mochte, und verfolger meiner publikationen (tonträger, wortäußerungen wie das mit dem heutigen tag – champagner! – ins sechste jahr gehende tägliche mütterlog) wissen um meine zuneigung zu sog. lebenden fossilien, wenngleich meine zuneigung zum grünen bis gelborangen ginkgo eine innigere ist,

als jene zum, wie wir nun wissen, ins bläuliche tendierenden urzeitfisch, und das wird ihn (den quastlfisch) wohl nicht weiter stören, hoffe ich.

(mein freund josef, sächsischer staatsbeamter, würde sein bei mir so berühmtes des is do da austa so wuaschd raunen, und ich würde ihm mit meinem bei ihm berühmten meine worte beipflichten).

frisch umgezogen wird gerade auch manch edler tropfen, wie sie z.b. hans czerny in seinem felser keller keltert. wie man das in anderen, nördlicher gelegenen weinbauregionen, etwa an saale und unstrut, tut, wird im zuge meiner umzüge (meines herumziehens) noch herauszufinden sein.

der erste umzug, an den ich mich erinnere, war hinter der münichholzer kirche am waldrand, der faschingsumzug der kinder, und mich haben sie mit dem tenorhorn rattenfängergleich vorangehen lassen. und die kinder haben, nein, sind mir gefolgt, obwohl (oder weil?) ich schaurig gespielt haben muss, immer wieder immer wieder o du lieber augustin, und am schluss war alles hin, die freude am spielen aber ist gewachsen.

(ein wandernder umzug war es auch, der – bei bestehender immobilität des ortes in bezug auf seine lage am planeten – aus der pühringer die thüringer hütte gemacht hat.)

sie sehen, diesmal ist mir nur ein reichlich zerfledderter text gelungen, ich will mich bessern (im zerfleddern?), werde ich geloben. es ist aber so, dass mir erst seit kurzem gelungen ist, das dreidimensionale tetris nach meinem umzug wegzuklikken, das umziehen der umzugsschachteln war wahrlich eine herkulisch-analoge aufgabe, bei der ich manchmal, entfliehend ins anderswo, ans aufgeben gedacht habe, uff.

ein kulinarischeres bild aber zum abschluss: in aufwändiger privater recherche ist mir gelungen, einen der letzten verbleibenden funktionstüchtigen original ostdeutschen grilltrabis aufzuspüren, und wenn sich niemand am ehemals volkseigenen und nun privatisierten patenttürgriff die hand verbrennt, kann man, mit etwas (es ist ein großes!) glück, die schmackhaftesten speisen von ihm zubereitet bekommen. achten sie aber stets auf die garzeiten: bratwurst – 30 min, schaschlyk – 20 min, ragout fin – 10 min. wohl bekomm’s!

also mir – schmeckt das (tieger, in: puh, der bär)

service

vorbei ist vorbei.

mütterlog (täglich, seit 1.12.2004)

– kaufen sie tonträger.

– konzerte, workshops, symposien: wenige. aktivitäten: mannigfache. und es wird wieder, und vieles anders. die konstanz bestehe in der ständigen wandlung. alles (gewandeltes, konstantes) finden sie rechtzeitig auf muetter.at.

herzlichst, ihr

bertl mütter, steyr, im vorwinterlichen nachfrühling 2009

der nächste mütterbrief kommt zirka am 1. märz 2010. um punktumzwölf.