Essmensch

23. Februar 2018

Ein Hotel in Langenlois (es latinisiert seinen Namen, wär’s ein katholisches Knabenseminar, hieße es, wohl der implizit-expliziten letzten beiden Silben wegen, Loisianum) lässt im Internet elektronische Banner schalten, die um „Winelovers & Foodies“ werben, welche man offenbar bevorzugt als Gäste begrüßen will, symbolhaft abgebildet durch eine dunkelblonde, etwas hohlwangige und halbjunge Dame und einen sehr schlanken Herren – das slimfit geschnittene Hemd wellt sich leicht auf seiner ungewölbten Brust (Typ: Marathonathlet, jedoch selbstverständlich mit dem heutzutage obligaten, vorschriftsmäßig gepflegten Bart). Vor ihnen (sie sitzen nebeneinder an einem Tisch; wohl ein Letztes Abendmahl à  deux) stehen zwei zum Verzehr bereite nichtvegane Mahlzeiten, beide halten sie in ihren zu Fäusten geballten Händen das korrekte Esswerkzeug, und auch ein halb gefülltes (vermutlich als voll zu deutendes) Glas Weißwein ist ihnen (ihm links, ihr rechts) beigestellt. Er blickt den Betrachter an wie ein Illusionist, sie schaut, mit dem Anflug eines Lächelns, seitlich weg, was ihr rechtes Jochbein gut sichtbar hervortreten lässt. Wir wollen hoffen, dass die Speisen nicht allzuschnell auskühlen. Demgemäß wirken beide ernst, aber gefasst. Sie werden’s gleich tun.

So also sollen wir uns „Winelovers & Foodies“ vorstellen. Das Paar oder Pärchen wird wohl nach Einschätzung der Auftraggeber die derzeit größte phänotypische Deckungswahrscheinlichkeit mit einem sich hoffentlich wunschgemäß im Hotel einstellenden Publikum haben. Man stelle sich das aperativische Zusammenkommen am frühen Abend in der Hotelhalle vor, lauter „Winelovers & Foodies“, man erkennt sich sofort, was für eine Distinktion.

„Foodie“, diesen Typenzuordungsbegriff öffentlich österrenglisch auszusprechen wäre noch vor einigen Jahren hierzulande als (möglicherweise beleidigende) Zuordnung an der Untergrenze des Standards herübergekommen. Heute wissen wir: Foodie (ab hier verzichte ich, das Wort endgültig in unsrer Mitte aufnehmend, auf die Anführungszeichen), Foodie, ein Foodie!, das ist ein Mensch, der isst.

L’homme qui mange. Sapperlote! – Auf nach Langenlois!