Entkommen (14) – Sammeln

22. Juni 2016

Sammeln. Der Versuch, mit einer selbstgemachten Welt jener Welt, in der wir leben, die Stirn zu bieten. Die Bestandteile, aus denen der Sammler seine Welt zimmert, sind aus der Lebenswelt gestohlen, ihrer angestammten Funktion beraubt, aber als ehemalige Weltbestandteile dennoch Zeugen dafür, dass sich der Sammler nicht restlos von dieser Welt verabschiedet hat (an der er ohnehin in der einen oder anderen Form noch teilhaben musss). Das Exil der Sammlung ist kein vollständiger Auszug aus der Welt und keine vollständige Aufkündigung des Weltvertrauens. Sammeln bedeutet, sich die beste der einem selbst möglichen Welten zu erschaffen.

Andreas Urs Sommer: Die Kunst, selber zu denken. Ein philosophischer Dictionnaire. Frankfurt/M: Eichborn, 2002 (S. 227f).